Soldaten werden unter Blaulicht zum First Responder

Veitshöchheim. Für vier Wochen haben 12 Soldatinnen und Soldaten der Balthasar-Neumann-Kaserne einen ungewöhnlichen, in der Folge aber ausgesprochen verantwortungsvollen Auftrag: First Responder
„First Responder“, wörtlich übersetzt „die erste Antwort“ sind diejenigen, die sich als freiwillige Helfer auf den Weg machen, um am Unfallort professionelle Hilfe zu leisten. Sie sind für die Erstversorgung des Patienten verantwortlich und überbrücken den Zeitraum zwischen dem Eintritt des medizinischen Notfalls und dem Eintreffen von Rettungsdienst und Notarzt. Mit basismedizinischen Maßnahmen wie zum Beispiel der Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen bilden sie eine lebensrettende Ergänzung der Rettungskette. Nach Eintreffen des Notarztes und des Rettungspersonals können sie zusätzlich bei der Versorgung des Patienten assistieren und den Transport in die stationäre Aufnahme unterstützen.
Damit agieren die „Helfer vor Ort“ (HvO) in Ergänzung zum zivilen Rettungsdienst.   Die Soldaten der Baltasar-Neumann-Kaserne in Veitshöchheim sind damit Vorreiter in einem Pilotprojekt.
Einer der Teilnehmer ist Oberstabsgefreiter Christoph Eschenbacher. Er will seinen Teil zur Gemeinschaft beitragen: „Ich stamme aus einer Familie von Feuerwehrleuten. Mein Vater und meine Schwester sind in der Freiwilligen Feuerwehr engagiert. Bis dato war ich sozusagen das „schwarze Schaf“ der Familie, so dass mein Engagement als zukünftiger First Responder sehr gut passt.“ Als ersten Part wird den Teilnehmern in 40 Stunden Theorieunterricht ein breitgefächertes Wissen über Anatomie, Physiologie, Wundversorgung und Blutdruckmessung vermittelt. Anschließend finden sich die Soldaten in der Ausbildung in der Freiwilligen Feuerwehr in Veitshöchheim wieder. Auf der Tagesordnung stehen u.a. Grundlagen und Übungen im Sprechfunkverkehr sowie die richtige Bedienung des Funkgerätes. Die HvO müssen die Technik und den Sprechfunkbetrieb beherrschen, da bei einem Einsatz jede Minute zählt. Die Alarmierung erfolgt über einen Funkmeldeempfänger. Auch später reißt der Funkkontakt zur Integrierten Leitstelle Würzburg nicht ab. Der HvO setzt schnellstmöglich nach Eintreffen eine Lagemeldung ab und informiert den Notarzt über die Situation vor Ort. Oberstabsgefreiter Eschenbacher unterstreicht den Regionalbezug seiner Aufgabe: „Wir sind nur für Veitshöchheim und den ländlichen Bereich zuständig, so dass wir einen Zeitvorteil gegenüber dem normalen Rettungsdienst haben, der erst aus Würzburg anrücken muss. Deshalb sind wir als Ergänzung, quasi als Zusatzleistung für die Bürger zu sehen.“
Da sich unter den Soldaten auch Angehörige der Stabs – und Fernmeldekompanie der 10. Panzerdivision befinden, ist der Umgang mit dem Funkgerät kein Problem. Der Ausbilder, Florian Fischer erklärt den Unterschied in kurzen Worten: „Erst Drücken, dann Denken, dann Sprechen, anders wie es bei euch bisher üblich war“. Damit hat er die Lacher der Teilnehmer auf seiner Seite. Durch sein umfangreiches Wissen und dem großen Erfahrungsschatz er den angehenden HvO viele hilfreiche Tipps mit auf dem Weg geben.
Weitere Schwerpunkte der Ausbildung liegen in der klassischen Herz-Lungen-Wiederbelebung, Lagerungsarten, dem Anlegen einer Manschette bei potentiellen Wirbelsäulenverletzungen und der richtigen Anwendung des Defibrillators. Zwischendurch lässt es sich der Kommandant der Feuerwehr Veitshöchheim, Robert Röhm, nicht nehmen, persönlich ein Feedback der Soldaten über die Ausbildung einzuholen. Er macht sehr deutlich, dass auch nach Abschluss der Ausbildung zum First Responder die weitere Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr und Bundeswehr aufrechterhalten bleiben soll: „Wir wollen eine vernünftige Basis mit der Bundeswehr schaffen, dazu zählen auch gemeinsame Übungsabende, wo ihr herzlich eingeladen seid. Ihr sollt euch gerne in die Feuerwehr Veitshöchheim integrieren“, so Robert Röhm. In dieser Einladung klingt deutlich die Hoffnung auf dringend benötigte neue Feuerwehrkameraden mit.
Bereits 2001 beteiligte sich die Bundeswehr in Veitshöchheim zusammen mit der Freiwilligen Feuerwehr am First Responder- System der Gemeinde. Damals aber mit dem medizinischen Personal des Sanitätsbereiches. Dies geschah bundesweit einmalig und ging über einen Zeitraum von sieben Jahren. Nun soll das System wieder aufleben, allerdings diesmal mit Unterstützung durch Soldaten. Die zukünftigen zwölf First Responder der Baltasar-Neumann-Kaserne übernehmen tagsüber an Werktagen die HvO- Einsätze. Dafür erhalten sie ein vollausgestattetes Einsatzfahrzeug, Funkgeräte, Meldeempfänger. Die Einsatzbekleidung stellt die Bundeswehr. Feuerwehrkommandant Röhm  rechnet in der Einsatzzeit der Soldaten mit ca. vier Einsätzen pro Woche. Erfahrungsgemäß handelt es sich hierbei um Arbeits- oder Sportunfälle. Krönender Abschluss des HvO-Lehrgangs war die feierliche Zeugnisübergabe. Den würdigen Rahmen bildete die Jahresabschlussfeier des Divisionsstabes der 10. Panzerdivision auf dem Standortübungsplatz. Der Standortälteste, Brigadegeneral Michael Podzus, betonte, dass er „voll hinter dem Projekt steht“ und auch zukünftig Ausbildungen unterstützt. Auch der Bürgermeister der Stadt Veitshöchheim, Herrn Jürgen Götz, der oberste Chef der Freiwilligen Feuerwehr, den „frisch gebackenen First Respondern, zu gratulieren. Zugleich ist die Gemeinde auch Hauptsponsor des genutzten Einsatzfahrzeugs und profitiert mit ihren Bürgern von dieser Initiative. Alle zwölf Soldaten hatten die zuvor stattfindende theoretische und praktische Prüfung erfolgreich abgelegt. Die Zeugnisse und damit auch die Verantwortung für die kommenden Einsätze als HvO übergab Kreisbrandmeisterin Julia Sacher persönlich an jeden einzelnen Teilnehmer. Oberstabsgefreiter Eschenbacher zieht ein positives, aber auch ein wenig nachdenkliches Fazit: „ Mir ist bewusst, dass die Ausbildung uns nicht auf alles vorbereiten kann. Die Kameraden der Feuerwehr haben uns ganz offen gesagt, dass wir, je nach Situation, auch an unsere Grenzen stoßen werden.“ So wie ihm geht es vielen Teilnehmern der Ausbildung. Für sie gilt für die nächsten 12 Monate „so wenig wie möglich, so viel wie nötig!“

Text: Bundeswehr – Torsten Stephan (OTL), Elisabeth Rabe (OF)
Bilder: Bundeswehr – Elisabeth Rabe(OF), Samuel Spiegel (OSG)

Freiw. Feuerwehr Veitshöchheim
Januar 2017